Im Früh­jahr 2015 bekam unser Ver­ein – Dra­vet-Syn­drom e.V. – die Zusa­ge, das wir von der RTL-Stif­tung Wir hel­fen Kin­dern 25.000 Euro erhal­ten wer­den, da unser Schirm­herr Wigald Boning in einer TV-Show eine gro­ße Gewinn­sum­me erzielt hat­te. Nach Gesprä­chen unter uns „Vor­stands­da­men“ waren wir uns recht schnell einig, dass wir das Geld nut­zen woll­ten, um den Dra­vet-Fami­li­en eine klei­ne Aus­zeit zu ver­schaf­fen und den Geschwis­ter­kin­dern ein paar tol­le Tage – denn oft ist es so, das Geschwis­ter wegen dem erkrank­ten Kind zurück­ste­cken müs­sen. Nach­dem ich ein wenig das Inter­net durch­fors­tet hat­te, stand das Ziel recht schnell fest: der Seren­ge­ti Park Hoden­ha­gen, den wir dann vom 05. bis zum 08. Mai 2016 besucht haben.

Ange­mel­det haben sich dann ins­ge­samt 43 Fami­li­en mit Dra­vet- Kin­dern jeden Alters. Am Tag der Anrei­se gab es eini­ge neue Gesich­ter, aber auch vie­le alte Bekann­te zu begrü­ßen. Nach­dem alle Fami­li­en ihre Lodge bezo­gen hat­ten, traf man sich zum Abend­essen, wo sich sofort tol­le Gesprä­che ent­wi­ckel­ten.

Frei­tag­vor­mit­tag gab es eine gemein­sa­me Rund­fahrt mit den Park­bus­sen durch die wil­de Tier­welt, und danach wur­de dann der Park erkun­det. Da war wirk­lich für jeden was dabei: vom Kin­der­ka­rus­sell über die Ach­ter­bahn bis hin zu Speed-Boo­ten. Auch die Spiel­plät­ze wur­den von den Kin­dern vol­ler Freu­de erobert. Natür­lich muss­ten auch die ver­schie­de­nen Affen­ar­ten besucht wer­den, die teil­wei­se so zutrau­lich waren, dass man sie sogar anfas­sen konn­te.

Zwi­schen­durch konn­te jeder­zeit die Lodge als Rück­zugs­ort genutzt wer­den, da vie­le Dra­vet-Kin­der doch ab und zu mal eine klei­ne Pau­se benö­tig­ten. Nach dem Abend­essen, als die Kin­der größ­ten­teils im Bett lagen, teil­te man sich auf: Die Papas blie­ben bei den Kin­dern, und die Mamas tra­fen sich auf eine gemüt­li­che Klön-Run­de, denn man­che Mamas schrei­ben sich tag­täg­lich, schon seit vie­len Mona­ten und haben sich bereits im Vor­feld dar­auf gefreut, end­lich die „gro­ßen Unbe­kann­ten“ real ken­nen zu ler­nen.

Am Sams­tag war dann erst ein Tref­fen mit allen Fami­li­en, um ein paar schö­ne Bil­der zu machen. Das erwies sich als gar nicht mal so leicht, denn so vie­le Kin­der zu bän­di­gen, kann eine gro­ße Her­aus­for­de­rung sein. Danach fand dann die Mit­glie­der­ver­samm­lung unse­res Ver­eins statt, wor­an meist ein Eltern­teil teil­nahm, wäh­rend der ande­re Eltern­teil wei­ter was im Park unter­nom­men hat. Als es auf den Abend zuging, mach­te sich teil­wei­se schon etwas Weh­mut breit, wuss­te man doch, dass es der letz­te gemein­sa­me Abend ist. Tja, und Sonn­tag nach dem Früh­stück war dann die gro­ße Abrei­se…

Alles in Allem war die Fami­li­en­frei­zeit eine abso­lut gelun­ge­ne Akti­on. Fami­li­en aus allen Regio­nen Deutsch­lands, aus allen Gesell­schafts­schich­ten und jeden Alters nah­men an der Fami­li­en­frei­zeit teil. Auch wenn wir teil­wei­se total ver­schie­den sind – so ver­bin­det uns doch alle das glei­che Schick­sal: die Dra­vet-Erkran­kung unse­rer Kin­der.

Von Anfang an fühl­te es sich ein­fach rich­tig an – als ob man sich schon ewig kennt, und als ob es das Nor­mals­te von der Welt ist, das man mit so vie­len ande­ren betrof­fe­nen Fami­li­en zusam­men sitzt. Da gab es kei­ne ver­le­ge­nen Gesprä­che oder leich­tes Geplän­kel, und schon gar kei­ne dum­men Fra­gen zu den Dra­vet-Kin­dern. Da war es auch ganz selbst­ver­ständ­lich, dass man immer ein Auge auf die ande­ren Kin­der hat­te, um bei einem plötz­li­chen Anfall schnell ein­grei­fen zu kön­nen. Auch gab es kei­ner­lei Berüh­rungs­ängs­te, wenn ein­fach mal ein ande­res Kind als das eige­ne auf den Schoß geklet­tert kam – es wur­de sofort geku­schelt, gespielt oder auch getrös­tet. Ver­stän­di­gungs­pro­ble­me, weil vie­le Kin­der nicht wirk­lich spre­chen kön­nen? Nein – gab es nicht. Man kann auch pri­ma ohne rich­ti­ge Spra­che mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren. Die Kin­der unter­ein­an­der haben es uns bewie­sen.

Bei so vie­len erkrank­ten Kin­dern blieb es natür­lich auch nicht aus, dass eini­ge Kin­der einen Krampf­an­fall beka­men. Die Geschwis­ter­kin­der nah­men das total gelas­sen – ken­nen sie es ja bereits vom eige­nen Bru­der oder Schwes­ter.

Und die Dra­vet-Kin­der selbst? Nun ja … Eini­ge Kin­der wis­sen zwar, dass sie selbst Anfäl­le haben, aber kön­nen sich nicht viel dar­un­ter vor­stel­len. Und nun sahen sie plötz­lich ein ande­res Kind umfal­len und zucken. Aber da wir Eltern ganz easy mit dem Gan­zen umge­gan­gen sind, war das für die Dra­vet-Kin­der dann auch in Ord­nung.

Eigent­lich ist es ja meist so, dass man neu­gie­ri­gen oder fra­gen­den Bli­cken aus­ge­setzt ist, wenn das Kind in der Öffent­lich­keit einen Anfall erlei­det. Da war es schön, dass man an dem Wochen­en­de Fami­li­en um sich hat­te, die nicht mal mit der Wim­per gezuckt haben, wenn eins der Kin­der umge­fal­len ist. Es wur­de höchs­tens kurz gefragt, ob man hel­fen kann und danach ein­fach wei­ter­ge­macht.

Es war NOR­MAL. Und genau das fehlt uns Dra­vet-Fami­li­en oft­mals: ein Stück Nor­ma­li­tät. Vie­le Fami­li­en leben regel­recht in Aus­nah­me­zu­stän­den, füh­len sich oft hilf­los, unver­stan­den und auch allein gelas­sen. Da ist es ein­fach nur schön, wenn man Betrof­fe­ne um sich her­um hat, die genau wis­sen wie es in einem selbst aus­sieht. Man muss nichts erklä­ren und wird den­noch ver­stan­den. Nach die­ser Fami­li­en­frei­zeit waren sich alle Fami­li­en einig: So etwas muss unbe­dingt wie­der­holt wer­den!