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Her­aus­for­dern­des Ver­hal­ten ist bei vie­len Dra­vet-Betrof­fe­nen kei­ne Sel­ten­heit. Oft ist dies Aus­druck von Über­for­de­rung, Schmer­zen oder Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­ble­men. Häu­fig tritt es in Zusam­men­hang mit ASS oder ADHS auf.

Erfah­re auf die­ser Sei­te, wel­che Ursa­chen dahin­ter­ste­cken und wel­che Unter­stüt­zungs­an­ge­bo­te hel­fen kön­nen.

Vie­le Dra­vet-Betrof­fe­ne zei­gen im All­tag her­aus­for­dern­des Ver­hal­ten, etwa in Form von Wut­an­fäl­len, Rück­zug, Impul­si­vi­tät oder aggres­si­vem Ver­hal­ten. Die­se Ver­hal­tens­wei­sen sind oft kei­ne „Stö­rung für sich“, son­dern Aus­druck ande­rer Belas­tun­gen, etwa wenn ein Kind sich nicht mit­tei­len kann, sich über­for­dert fühlt oder Schmer­zen hat. Was her­aus­for­dern­des Ver­hal­ten dabei so schwer greif­bar macht, ist sei­ne Viel­ge­stal­tig­keit: Mal ent­steht es aus Schmerz oder sen­so­ri­scher Reiz­über­flu­tung, mal aus dem Wunsch nach Kon­trol­le, mal als Ersatz­hand­lung, wenn ver­ba­le Spra­che nicht aus­reicht. Oft liegt die Ursa­che tie­fer und die Reak­ti­on ist schlicht die ein­zi­ge Aus­drucks­form, die dem Kind aktu­ell zur Ver­fü­gung steht.

Beson­ders häu­fig tritt her­aus­for­dern­des Ver­hal­ten im Zusam­men­hang mit ande­ren Begleit­erkran­kun­gen auf, vor allem mit Autis­mus-Spek­trum-Stö­run­gen (ASS) oder ADHS. Für Eltern ist das eine gro­ße emo­tio­na­le Belas­tung. Gleich­zei­tig ist es wich­tig zu wis­sen: Man ist mit die­sen Schwie­rig­kei­ten nicht allein und es gibt Unter­stüt­zung.

Autis­mus-Spek­trum-Stö­run­gen (ASS) sind bei Dra­vet-Betrof­fe­nen kei­ne Sel­ten­heit. Zwar ver­läuft jede Ent­wick­lung indi­vi­du­ell, doch Stu­di­en zei­gen, dass ein erheb­li­cher Teil der Dra­vet-Pati­en­ten autis­ti­sche Merk­ma­le auf­weist. Eine aktu­el­le Unter­su­chung aus Schwe­den (2024) kam zu dem Ergeb­nis, dass rund 61 Pro­zent der Kin­der mit Dra­vet-Syn­drom die dia­gnos­ti­schen Kri­te­ri­en für ASS gemäß DSM‑5, dem inter­na­tio­na­len Dia­gno­se­ma­nu­al für psy­chi­sche Stö­run­gen, erfül­len. Damit ist das gemein­sa­me Auf­tre­ten von Dra­vet-Syn­drom und Autis­mus nicht die Aus­nah­me, son­dern ein häu­fi­ges Begleit­phä­no­men.

Ursa­chen

Die Ursa­chen die­ser Über­lap­pung sind kom­plex. Wis­sen­schaft­ler gehen davon aus, dass sowohl Dra­vet-Syn­drom als auch ASS durch Stö­run­gen im Gleich­ge­wicht zwi­schen erre­gen­den und hem­men­den Signa­len im Gehirn begüns­tigt wer­den. Das Dra­vet-Syn­drom basiert in der Regel auf einer Muta­ti­on im SCN1A-Gen, das für die Steue­rung von Natri­um­ka­nä­len in Ner­ven­zel­len zustän­dig ist. Die­se gene­ti­sche Ver­än­de­rung hat nicht nur Ein­fluss auf epi­lep­ti­sche Akti­vi­tät, son­dern kann auch ande­re neu­ro­lo­gi­sche Pro­zes­se betref­fen, dar­un­ter jene, die für sozia­le Inter­ak­ti­on, Spra­che oder Wahr­neh­mung ver­ant­wort­lich sind. Da sowohl ASS als auch Dra­vet-Syn­drom als Spek­tru­m­er­kran­kun­gen gel­ten, ist das Erschei­nungs­bild sehr unter­schied­lich: Man­che Kin­der zei­gen nur ein­zel­ne Ver­hal­tens­wei­sen, ande­re erfül­len die voll­stän­di­gen Dia­gno­se­kri­te­ri­en für eine Autis­mus-Spek­trum-Stö­rung.

Sym­pto­me

Die Sym­pto­me von ASS bei Dra­vet-Betrof­fe­nen kön­nen vari­ie­ren, umfas­sen jedoch häu­fig:

  • Schwie­rig­kei­ten in der sozia­len Kom­mu­ni­ka­ti­on und Inter­ak­ti­on
  • Ein­ge­schränk­te, repe­ti­ti­ve Ver­hal­tens­mus­ter
  • Über- oder Unter­emp­find­lich­keit gegen­über sen­so­ri­schen Rei­zen wie Licht, Geräu­schen oder Berüh­run­gen
  • Stark fokus­sier­te Inter­es­sen an bestimm­ten The­men
  • Aus­ge­präg­te Ängs­te
  • Her­aus­for­dern­des Ver­hal­ten wie Wut­aus­brü­che oder sozia­ler Rück­zugs­ten­denz

Die­se Sym­pto­me kön­nen sich im Lau­fe der Zeit ver­än­dern und vari­ie­ren in ihrer Inten­si­tät.

Behand­lungs­mög­lich­kei­ten

Die Dia­gno­se einer Autis­mus-Spek­trum-Stö­rung kann gera­de bei Kin­dern mit kom­ple­xen neu­ro­lo­gi­schen Erkran­kun­gen wie dem Dra­vet-Syn­drom her­aus­for­dernd sein, ist aber von gro­ßer Bedeu­tung. Die­se kann nicht nur hel­fen, bestimm­te Ver­hal­tens­wei­sen bes­ser zu ver­ste­hen, son­dern eröff­net auch den Zugang zu spe­zi­fi­scher För­de­rung und Unter­stüt­zung, etwa im schu­li­schen Bereich oder durch spe­zia­li­sier­te The­ra­pie­an­ge­bo­te. In Deutsch­land über­neh­men die­se Auf­ga­be soge­nann­te Autis­mus-Kom­pe­tenz­zen­tren oder Autis­mus­am­bu­lan­zen, in denen inter­dis­zi­pli­nä­re Teams aus Ärz­ten, Psy­cho­lo­gen, Päd­ago­gen und The­ra­peu­ten arbei­ten.

Für Kin­der mit ASS sind ver­hal­tens­the­ra­peu­ti­sche Ansät­ze beson­ders hilf­reich. Dabei wird bei­spiels­wei­se gezielt dar­an gear­bei­tet, sozia­le Kom­pe­ten­zen zu för­dern, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fä­hig­kei­ten zu stär­ken oder belas­ten­de Ver­hal­tens­wei­sen zu redu­zie­ren. Ergo­the­ra­pie und Logo­pä­die kön­nen ergän­zend ein­ge­setzt wer­den, um All­tags­hand­lun­gen und Inter­ak­ti­on zu erleich­tern. In eini­gen Fäl­len kann auch eine medi­ka­men­tö­se Unter­stüt­zung sinn­voll sein, etwa bei star­ker Angst, Impul­si­vi­tät oder Schlaf­stö­run­gen, immer abge­stimmt mit den Ärzt*innen, die das Kind betreu­en.

Eltern sind mit die­sen Her­aus­for­de­run­gen nicht allein. In Deutsch­land bie­tet unter ande­rem das Insti­tut AUTEA Bera­tung, Fort­bil­dun­gen und fami­li­en­ori­en­tier­te Beglei­tung für Men­schen im Autis­mus-Spek­trum an. Dort wird unter ande­rem mit dem soge­nann­ten Low-Arou­sal-Ansatz gear­bei­tet, einem dees­ka­lie­ren­den und wert­schät­zen­den Zugang im Umgang mit her­aus­for­dern­dem Ver­hal­ten. Auch der TEACCH-Ansatz, der auf struk­tu­rier­te, visu­ell unter­stütz­te Lern- und All­tags­hil­fen setzt, wird dort ver­mit­telt.

Eine früh­zei­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung mit mög­li­chen autis­ti­schen Ver­hal­tens­wei­sen kann Eltern hel­fen, die Situa­ti­on ihres Kin­des bes­ser zu ver­ste­hen und gezielt Unter­stüt­zung zu orga­ni­sie­ren, für ein mög­lichst sta­bi­les, ent­wick­lungs­för­dern­des Umfeld.

ADHS ist eine häu­fi­ge Begleit­erkran­kung beim Dra­vet-Syn­drom. Stu­di­en zei­gen, dass etwa ein Drit­tel der Kin­der mit Dra­vet-Syn­drom die dia­gnos­ti­schen Kri­te­ri­en für ADHS erfül­len. Die Sym­pto­me kön­nen sich in Unauf­merk­sam­keit, Impul­si­vi­tät und Hyper­ak­ti­vi­tät äußern und vari­ie­ren je nach Alter und indi­vi­du­el­ler Aus­prä­gung. Jeder Mensch ver­hält sich manch­mal so, doch bei ADHS tre­ten die­se Sym­pto­me häu­fi­ger auf. Sie beein­träch­ti­gen das sozia­le Ver­hal­ten, die Schu­le und das fami­liä­re Umfeld.

Ursa­chen

Die genau­en Ursa­chen für das häu­fi­ge Auf­tre­ten von ADHS-Sym­pto­men bei Dra­vet-Betrof­fe­nen sind noch nicht voll­stän­dig geklärt. Es wird jedoch ange­nom­men, dass gene­ti­sche Fak­to­ren, ins­be­son­de­re Muta­tio­nen im SCN1A-Gen, eine Rol­le spie­len. Die­se Muta­tio­nen beein­flus­sen die Funk­ti­on von Natri­um­ka­nä­len im Gehirn, was zu einer gestör­ten neu­ro­na­len Erreg­bar­keit füh­ren kann. Zusätz­lich kön­nen wie­der­hol­te epi­lep­ti­sche Anfäl­le und die damit ver­bun­de­nen neu­ro­lo­gi­schen Belas­tun­gen zur Ent­wick­lung von ADHS-Sym­pto­men bei­tra­gen.

Behand­lungs­mög­lich­kei­ten

Die posi­ti­ve Nach­richt vor­weg: Die Sym­pto­me einer Auf­merk­sam­keits­de­fi­zit-/Hy­per­ak­ti­vi­täts­stö­rung (ADHS) las­sen sich gut in den Griff bekom­men. Eine gesi­cher­te Dia­gno­se eröff­net den Zugang zu einer indi­vi­du­ell abge­stimm­ten Behand­lung, die sowohl medi­zi­ni­sche als auch ver­hal­tens­the­ra­peu­ti­sche Ele­men­te beinhal­ten kann. Zwar erfolgt die Dia­gno­se von ADHS übli­cher­wei­se erst ab dem 6. Lebens­jahr, doch ist es grund­sätz­lich in jedem Alter mög­lich, ärzt­li­che Unter­stüt­zung zu suchen. Ihre behan­deln­den Ärz­te kön­nen Sie eine Fach­per­son mit spe­zi­el­ler Qua­li­fi­ka­ti­on in der ADHS-Dia­gnos­tik über­wei­sen. Die Art der Über­wei­sung rich­tet sich nach dem Alter des Betrof­fe­nen und dem jewei­li­gen regio­na­len Ver­sor­gungs­an­ge­bot. Ein ein­zel­ner, ein­fa­cher Test zur Fest­stel­lung von ADHS exis­tiert nicht. Die Dia­gno­se basiert auf einer umfas­sen­den Unter­su­chung durch eine spe­zia­li­sier­te Fach­kraft.

Für eine erfolg­rei­che The­ra­pie ist ein inter­dis­zi­pli­nä­res Vor­ge­hen uner­läss­lich. Zu den bewähr­ten Maß­nah­men zäh­len:

  • Ver­hal­tens­the­ra­pie: Indi­vi­du­ell zuge­schnit­te­ne Pro­gram­me unter­stüt­zen dabei, impul­si­ves Ver­hal­ten zu regu­lie­ren und die Kon­zen­tra­ti­ons­fä­hig­keit zu stei­gern.
  • Medi­ka­men­tö­se The­ra­pie: In bestimm­ten Fäl­len kom­men Wirk­stof­fe wie Methyl­phe­ni­dat oder Atomo­xe­tin zum Ein­satz. Die Ent­schei­dung für Medi­ka­men­te soll­te jedoch stets mit Bedacht getrof­fen und medi­zi­nisch eng beglei­tet wer­den, da man­che Prä­pa­ra­te die Anfalls­häu­fig­keit beein­flus­sen kön­nen.
  • Schu­li­sche und päd­ago­gi­sche Hil­fen: Struk­tu­rier­te Tages­ab­läu­fe und per­so­na­li­sier­te Lern­stra­te­gien tra­gen dazu bei, die schu­li­schen Poten­zia­le der Kin­der best­mög­lich zu för­dern.

Wenn Sie ver­mu­ten, dass Ihr Kind oder ein erwach­se­ner Ange­hö­ri­ger Anzei­chen von ADHS zeigt, zögern Sie nicht, ärzt­li­chen Rat ein­zu­ho­len. Da es oft län­ge­re War­te­zei­ten für Dia­gnos­tik­ter­mi­ne gibt, emp­fiehlt sich eine früh­zei­ti­ge Kon­takt­auf­nah­me.

Tipps und Rat­schlä­ge zum Leben mit ADHS fin­den Sie auf https://adhs-deutschland.de/