Beim Dravet-Syndrom können Betroffene viele verschiedene Anfallsarten erleben, die sich im Verlauf ändern: Manche treten früh auf und verschwinden, andere kommen später hinzu. Häufigkeit und Form sind individuell verschieden. Da oft mehrere Anfallsarten gleichzeitig vorkommen, ist es wichtig, dass Eltern und Pflegende sie erkennen, einordnen und im Alltag sicher damit umgehen können.
Absencen gehören zu den Anfällen, die auf den ersten Blick leicht übersehen werden können. Dabei kommt es zu einer kurzen Unterbrechung und plötzlichen Unterbrechung des Bewusstseins. Sie gehören zu den generalisierten Anfällen.
Ablauf: Das Kind starrt plötzlich ins Leere, reagiert nicht mehr und setzt eine Handlung nicht fort, zum Beispiel beim Spielen oder Sprechen. Nach einigen Sekunden macht es einfach dort weiter, wo es aufgehört hat, ohne Erinnerung an die Unterbrechung.
Formen von Absencen:
Einfache Absence: Sekundenlange Abwesenheit, starrer Blick, die Tätigkeit wird unterbrochen. Danach setzt das Kind nahtlos fort, ohne Erinnerung an den Anfall.
Komplexe Absence: Zusätzlich zu Bewusstseinspausen treten Symptome wie Zuckungen, Schmatzen, Kopfneigen, Augenrollen oder kurze Versteifungen auf. Auch Veränderungen der Hautfarbe (blass, bläulich) sind möglich.
Atypische Absence: Längerer Verlauf, oft mit unklarem Beginn und Ende. Der Übergang wirkt wie ein „Umdämmern“.
Besonderheiten beim Dravet-Syndrom: Absencen können sehr häufig sein, den Alltag stark beeinträchtigen und manchmal in einen Absence-Status übergehen, einen Zustand mit fast durchgehendem Bewusstseinsverlust über Stunden oder Tage, der dringend medizinische Behandlung erfordert.
Tonisch-klonische Anfälle sind beim Dravet-Syndrom sehr häufig und oft besonders schwer. Diese Anfälle sind das klassische Bild eines Krampfanfalls: zuerst eine Phase der Muskelsteifigkeit (tonisch), dann rhythmische Zuckungen (klonisch).
Ablauf und Erkennung
Tonische Phase: Der Körper versteift plötzlich. Betroffene verlieren abrupt das Bewusstsein, fallen oft zu Boden. Die Atmung kann kurz aussetzen, das Gesicht blass oder bläulich wirken. Manchmal hört man einen Schrei, wenn sich die Stimmbänder ruckartig schließen. Diese Phase dauert meist nur Sekunden.
Klonische Phase: Darauf folgen rhythmische Zuckungen an Armen und Beinen. Der ganze Körper ist betroffen. Atmung setzt ruckartig wieder ein, die Gesichtshaut kann sich verfärben. Diese Phase dauert meist 1–3 Minuten.
Ende des Anfalls: Danach sind die Kinder oft völlig erschöpft, verwirrt und schlafen tief und fest (Postikale Phase).
Besonderheiten beim Dravet-Syndrom: Diese Anfälle neigen besonders dazu, in einen Status epilepticus überzugehen, also sehr lange anzuhalten und sich nur schwer durchbrechen zu lassen. Das macht sie gefährlich.
Myoklonien sind sehr kurze Muskelzuckungen (Ruckbewegungen), oft nur in einem Muskel oder einer Muskelgruppe. Sie gelten als generalisierte Anfälle und können auch bei fokalen Formen mitwirken.
Ablauf: Ein Arm oder beide Arme schnellen ruckartig hoch, die Schultern zucken oder der Kopf wird kurz nach hinten geworfen. Manche Kinder lassen plötzlich Dinge fallen oder stolpern. Oft treten mehrere Zuckungen hintereinander auf, sodass das Kind für Sekunden kaum handlungsfähig ist.
Besonderheiten beim Dravet-Syndrom: Myoklonien sind häufig und können im Alltag sehr störend sein. Sie beeinträchtigen feine Bewegungen und können gefährlich werden, wenn das Kind gerade trinkt, läuft oder auf einer Treppe steht.
Atonische Anfälle führen zu einem plötzlichen Verlust der Muskelspannung.
Ablauf: Betroffene sacken abrupt in sich zusammen oder fallen zu Boden, oft ohne Vorwarnung.
Dauer: nur Sekunden, aber sehr risikoreich.
Besonderheiten beim Dravet-Syndrom: Auch wenn atonische Anfälle weniger häufig sind, bergen sie hohe Verletzungsgefahr, weil Stürze ungebremst passieren. Viele Kinder mit gehäuften atonischen Anfällen tragen einen Schutzhelm, um Kopfverletzungen vorzubeugen. Weiche Teppiche, gesicherte Möbelkanten und ein achtsames Umfeld können Verletzungsrisiken ebenfalls mindern.
Fokale Anfälle beginnen in einem lokalen Gehirnbereich (z. B. links oder rechts). Sie können sich ausweiten oder lokal bleiben.
Ablauf
Fokal ohne Bewusstseinsstörung: Das Kind ist ansprechbar, zeigt aber Symptome wie Zuckungen, ungewöhnliche Bewegungen oder Empfindungen nur in einem Körperteil.
Fokal mit Bewusstseinsstörung: Das Kind wirkt abwesend, reagiert nicht vollständig, führt automatisierte Bewegungen aus (z. B. Kauen).
Besonderheiten beim Dravet-Syndrom: Ein fokaler Anfall kann sich auf das ganze Gehirn ausbreiten und dann zu einem generalisierten Anfall werden.
Ein Status epilepticus ist ein Anfall, der über 5 Minuten anhält, oder eine Serie von Anfällen ohne Erholung dazwischen. Er stellt einen medizinischen Notfall dar.
Besonderheiten beim Dravet-Syndrom: Status-Anfälle treten sehr häufig auf, insbesondere bei Infekten oder schnellen Temperatursteigerungen. Sie können Stunden andauern und lassen sich oft nur schwer mit Medikamenten unterbrechen. Gefahren sind Sauerstoffmangel, Kreislaufprobleme und in seltenen Fällen bleibende Schäden.