Laden…
Das Dra­vet-Syn­drom gilt pri­mär als schwe­re epi­lep­ti­sche Enze­pha­lo­pa­thie, doch Hin­wei­se zei­gen, dass auch das Herz-Kreis­lauf-Sys­tem betrof­fen sein kann. Bei eini­gen Betrof­fe­nen tre­ten Ver­än­de­run­gen der Herz­fre­quenz und des Herz­rhyth­mus auf, teil­wei­se unbe­merkt, oft aber im Zusam­men­hang mit epi­lep­ti­schen Anfäl­len. Für Fami­li­en bedeu­tet das: Auch die Herz­ge­sund­heit ver­dient Auf­merk­sam­keit im Rah­men der medi­zi­ni­schen Beglei­tung.

Das Dra­vet-Syn­drom wird meist durch eine Ver­än­de­rung im soge­nann­ten SCN1A-Gen ver­ur­sacht. Die­ses Gen ent­hält die Bau­an­lei­tung für einen bestimm­ten Natri­um­ka­nal, der wich­tig ist für die Wei­ter­lei­tung elek­tri­scher Signa­le im Kör­per. Sol­che Signa­le sind ent­schei­dend – nicht nur im Gehirn, son­dern auch im Herz­mus­kel. Des­halb kann eine Ver­än­de­rung in die­sem Gen auch das Herz beein­flus­sen.

In Tier­ver­su­chen mit Mäu­sen, die eine sol­che SCN1A-Muta­ti­on hat­ten, wur­de fest­ge­stellt, dass die elek­tri­sche Steue­rung des Her­zens gestört war. Die Mäu­se hat­ten zum Bei­spiel ver­län­ger­te QT-Inter­val­le (eine bestimm­te Pha­se im Herz­schlag war zu lang) und Extraschlä­ge, also zusätz­li­che Herz­schlä­ge, die den Rhyth­mus durch­ein­an­der­brin­gen kön­nen. Sol­che Stö­run­gen gel­ten als Risi­ko­fak­tor für den plötz­li­chen uner­war­te­ten Tod bei Epi­lep­sie (SUDEP).

Auch Fach­leu­te wie die US-ame­ri­ka­ni­sche Kar­dio­lo­gin und Epi­lep­to­lo­gin Ali­cia M. Gold­man wei­sen dar­auf hin, dass es beim Dra­vet-Syn­drom oft sehr fei­ne Stö­run­gen im Herz­rhyth­mus gibt, die schwer zu mes­sen sind. Beson­ders nach einem epi­lep­ti­schen Anfall – wenn die Atmung flach ist und das Herz unre­gel­mä­ßig schlägt – steigt das Risi­ko für SUDEP.

Nicht alle Dra­vet-Betrof­fe­nen zei­gen offen­sicht­li­che Herz­sym­pto­me. Wenn sie auf­tre­ten, kön­nen sie schwer erkenn­bar sein oder mit ande­ren Sym­pto­men ver­wech­selt wer­den. Zu den mög­li­chen Anzei­chen zäh­len:

  • Unre­gel­mä­ßi­ger Herz­schlag (Arrhyth­mi­en), ins­be­son­de­re vor, wäh­rend oder nach einem Anfall
  • Ver­lang­sam­ter Hert­schlag (Bra­dy­kar­die), vor allem in der Ruhe oder in der pos­tik­ta­len Pha­se
  • QT-Zeit-Ver­län­ge­rung – das bedeu­tet, dass das Herz län­ger braucht, um sich elek­trisch zu erho­len – ein Hin­weis auf eine gestör­te Herz­rhyth­mus­steue­rung
  • Müdig­keit, Bläs­se, Schwin­del oder kur­ze Bewusst­lo­sig­keit (in sel­te­nen Fäl­len)

In einer Unter­su­chung mit Lang­zeit-EKGs wur­den bei Dra­vet-Betrof­fe­nen rund um Anfäl­le (peri­ik­tal) häu­fi­ger Herz­rhyth­mus­stö­run­gen fest­ge­stellt als bei Pati­en­ten mit ande­ren Epi­lep­sie­for­men.

Auch wenn sol­che Arrhyth­mi­en (also unre­gel­mä­ßi­ge Herz­schlä­ge) nicht immer gefähr­lich sind, soll­ten sie bei Dra­vet-Betrof­fe­nen ernst genom­men und ärzt­lich über­wacht wer­den – vor allem wegen des erhöh­ten Risi­kos für Kom­pli­ka­tio­nen wie SUDEP.

Eine regel­mä­ßi­ge Über­wa­chung der Herz­funk­ti­on ist beson­ders dann sinn­voll, wenn

  • die betrof­fe­ne Per­son plötz­li­che Ohn­machts­an­fäl­le ohne erkenn­ba­re Ursa­che hat,
  • auf­fäl­li­ge Ver­än­de­run­gen im EKG fest­ge­stellt wur­den,
  • oder das Medi­ka­ment Fen­flu­ra­min (Han­dels­na­me: Fin­tep­la) zur Anfalls­be­hand­lung ein­ge­setzt wird.

Fen­flu­ra­min hat sich in meh­re­ren Stu­di­en als sehr wirk­sam gegen Anfäl­le beim Dra­vet-Syn­drom erwie­sen. Es steht aller­dings im Ver­dacht, bei lang­fris­ti­ger Ein­nah­me Herz­klap­pen­ver­än­de­run­gen oder pul­mo­n­a­le Hyper­to­nie (hohem Blut­druck in der Lun­ge) aus­zu­lö­sen, ein Risi­ko, das man aus sei­ner frü­he­ren Ver­wen­dung als Appe­tit­züg­ler kennt.

In der Zulas­sungs­stu­die und auch in der Lang­zeit­stu­die zeig­ten sich zwar kei­ne kli­nisch rele­van­te Herz­schä­di­gung über einen Zeit­raum von bis zu drei Jah­ren. Trotz­dem wird emp­foh­len, alle sechs Mona­te eine Ultra­schall­un­ter­su­chung des Her­zens (Echo­kar­dio­gra­phie) zu machen, um mög­li­che Pro­ble­me früh zu erken­nen.