Die fünfjährige Sara aus Bensheim hatte ihren ersten Anfall mit sieben Monaten. Mit gut einem Jahr wurde bei Sara das Dravet-Syndrom diagnostiziert. Ihre Eltern Simone und Harun teilen ihre Geschichte.
Könnt Ihr uns etwas über Saras erste Anfälle erzählen? Wie habt Ihr sie bemerkt und wie darauf reagiert?
Sara hatte ihren ersten Anfall mit 7 Monaten. Sie hat am ganzen Körper gezuckt, ist blau angelaufen und war nicht ansprechbar. Wir hatten absolut keine Ahnung, dass Sara einen epileptischen Anfall hat, sondern dachten, sie stirbt. Papa Harun hat Gott sei Dank den RTW gerufen.
Wann und wie wurde bei Sara das Dravet-Syndrom diagnostiziert? Gab es spezifische Anzeichen, die zur Diagnose geführt haben?
Um uns eine zweite Meinung einzuholen, hatten wir kurz nach Saras erstem Geburtstag einen Termin in Kehl-Kork. Dort hatte man direkt aufgrund des frühen Beginns und der Art der Anfälle, sowie der vielen Statusanfälle das Dravet-Syndrom vermutet. Ein paar Monate später hatte sich das anhand des Gentests bestätigt.
Wie hat sich das Leben für Euch als Familie seit der Diagnosestellung verändert?
Seit der Diagnosestellung ist unser Leben von ständiger Angst geprägt. In den ersten Jahren haben wir versucht, Infektionen und dadurch bedingte Anfälle zu vermeiden, indem wir nur eingeschränkt am „normalen Leben“ teilgenommen haben. Mittlerweile bemühen wir uns, viele besondere Momente als Familie zu erleben, sind dabei aber stets vorsichtig und halten Abstand. Eine Flasche Desinfektionsmittel haben wir immer griffbereit.
Welche Herausforderungen stellen sich im Alltag mit einem Kind mit Dravet-Syndrom?
Saras Sprach- und Entwicklungsstörung führt bei ihr oft zu Frustration und heftigen Wutausbrüchen. Da man Sara ihre Krankheit nicht ansieht, erleben wir in der Öffentlichkeit bei solchen Ausrastern leider häufig unangenehme Situationen: Menschen schütteln den Kopf, starren uns an oder schicken uns sogar vom Spielplatz weg. Das macht uns sehr traurig. Auch die motorischen Einschränkungen sind im Alltag eine erhebliche Herausforderung. Hinzu kommt die tägliche Aufgabe, Saras großem Bruder Sami gerecht zu werden. Wir wollen auf keinen Fall, dass er sich benachteiligt fühlt.
Simone, wie gehst Du mit den emotionalen Belastungen um, die mit der Betreuung eines Kindes mit einer schweren neurologischen Erkrankung einhergehen?
Als Mutter habe ich bisher noch keinen optimalen Weg gefunden, damit umzugehen. In Kehl-Kork habe ich professionelle Unterstützung erhalten, was mir sehr gutgetan hat. Eine Regelmäßigkeit vor Ort hat sich aber noch nicht ergeben. Ich versuche, zusätzliche Belastungen zu vermeiden und arbeite nur wenige Stunden, um meine Energie für meine Kinder zu sparen. Auch wenn das bedeutet, etwas sparsamer zu leben, ist es mir wichtig, für meine Familie da zu sein. Ich habe das Glück, einen besonders verständnisvollen Arbeitgeber zu haben, der unsere schwierige Situation jederzeit unterstützt.
Welche Art von Unterstützung und Behandlung erhält Sara für ihr Dravet-Syndrom?
Wir sind seit vielen Jahren bei der Frühförderstelle angebunden. Sara besucht seit drei Jahren die Logopädie, was wir aufgrund der tollen Fortschritte nun auf Ergotherapie umstellen. In unregelmäßigen Abständen benötigt sie auch Physiotherapie. Eine besondere Form der persönlichen Therapie ist für uns das Kindertanzen im Verein, das Sara sehr liebt.
Wie geht es Sara jetzt?
Sara hat seit der Eindosierung von Fenfluramin viel weniger Anfälle. Sie macht extreme Entwicklungsfortschritte und ist die meiste Zeit ein glückliches, singendes und tanzendes Mädchen.
Welche Hoffnung und Träume habt Ihr für die Zukunft von Sara?
Wir wünschen Sara von ganzem Herzen ein glückliches und langes Leben, das nicht von Angst geprägt ist. Mit unzähligen, wunderschönen Momenten, immer umgeben von guten Menschen, mit dem Gefühl im Herzen, dass sie über alles geliebt wird. Für alle Dravetchen träumen und hoffen wir weiterhin sooo sehr auf Heilung!
Welchen Rat möchtet ihr Familien auf den Weg geben, die erst vor kurzem die Diagnose Dravet erhalten haben?
Sucht unbedingt den Kontakt zu anderen betroffenen Familien, bestenfalls tretet dem Verein bei. Die Familien hier haben oft schon viele Jahre Erfahrung mit der Krankheit und können immer einen guten Rat geben. Wir haben durch den Austausch so manch gute Entscheidung getroffen, über die wir heute mehr als dankbar sind.
Vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit für dieses Interview genommen habt.