Am 22. Mai 2014 nah­men wir am Kon­gress zum Ein­satz von Can­na­bi­di­ol bei Epi­lep­sie und ande­ren neu­ro­lo­gi­schen Erkran­kun­gen teil. Die Ver­an­stal­tung war in Madrid von der Dra­vet Syn­dro­me Foun­da­ti­on Spain sehr gelun­gen orga­ni­siert wor­den. Alle Vor­trä­ge wur­den auf­ge­zeich­net und kön­nen inklu­si­ve der Power-Point-Prä­sen­ta­tio­nen hier ange­se­hen wer­den.

Das bri­ti­sche Phar­ma­un­ter­neh­men „GW Phar­maceu­ti­cals“ war Haupt­spon­sor der Ver­an­stal­tung. Das 1998 gegrün­de­te Unter­neh­men hat sich auf die Ent­wick­lung von Medi­ka­men­ten auf Basis der Can­na­bis­pflan­ze spe­zia­li­siert.

Ins­ge­samt 70 Teil­neh­mer, dar­un­ter vie­le Ärz­te (u. a. Frau Dr. Dra­vet) sowie Ver­tre­ter ande­rer euro­päi­scher Selbst­hil­fe­or­ga­ni­sa­tio­nen, konn­ten den inter­es­san­ten Vor­trä­gen von acht Refe­ren­ten bei­woh­nen.

Zusam­men­fas­send hat sich bei der gro­ßen Mehr­heit der Stu­di­en gezeigt, dass bei unter­schied­li­chen neu­ro­lo­gi­schen Krank­hei­ten durch den Ein­satz von Can­na­bi­dio­len ein posi­ti­ver Effekt beob­ach­tet wer­den konn­te. Alle Vor­tra­gen­den hoben her­vor, dass kei­ne schwe­ren Neben­wir­kun­gen zu ver­zeich­nen waren. Eini­ge berich­te­ten von posi­ti­ven Neben­wir­kun­gen wie ver­bes­ser­ter Stim­mung oder Auf­merk­sam­keit. Aller­dings feh­len Pati­en­ten­stu­di­en noch wei­test­ge­hend! Die bis­he­ri­gen Stu­di­en erfolg­ten haupt­säch­lich mit Tie­ren oder in-vitro.

Zur genau­en Wir­kungs­wei­se bei der Behand­lung von epi­lep­ti­schen Anfäl­len wird nach wie vor geforscht. Neben den bereits bekann­ten CB1- und CB2-Rezep­to­ren ist noch nicht klar, wo und wie die Can­na­bi­dio­le außer­dem wir­ken. Fach­leu­te sind sich jedoch einig, dass es wegen der bio­che­mi­schen Wir­kungs­wei­se von Stiri­pen­tol, Val­proat und Clo­bazam eine Wech­sel­wir­kung mit CBD geben muss.

Mit Span­nung wur­de der Vor­trag von Frau Dr. Cilio aus Kali­for­ni­en erwar­tet. Sie berich­te­te zur lau­fen­den Stu­die mit Epi­diolex. Das Medi­ka­ment wur­de von GW Phar­maceu­ti­cals aus Wirk­stof­fen der Can­na­bis­pflan­ze für die Behand­lung von  Epi­lep­sie ent­wi­ckelt. Dr. Cilio ist eine von 4 Neu­ro­päd­ia­tern, die die Stu­die der­zeit mit ins­ge­samt 27 Pati­en­ten durch­füh­ren.

Von Dr. Cilio wer­den neun Pati­en­ten zwi­schen 3 und 17 Jah­ren mit the­ra­pie­re­sis­ten­ten Epi­lep­sien betreut, dar­un­ter drei Dra­vet-Pati­en­ten. Wäh­rend der Stu­die setz­ten alle Teil­neh­mer die Ein­nah­me ihrer Anti­epi­lep­ti­ka (u.a. Stiri­pen­tol und Clo­bazam) fort.  Dabei ist bemer­kens­wert, dass kei­ner der Pati­en­ten mit Val­proat behan­delt wird.

Zum Zeit­punkt des Vor­trags hat­ten alle Teil­neh­mer Epi­diolex für min­des­tens 12 Wochen ein­ge­nom­men.

Fol­gen­de vor­läu­fi­ge Ergeb­nis­se wur­den von Frau Dr. Cilio vor­ge­stellt (Folie 25):

3 Dra­vet-Pati­en­ten:

  • 2 Pati­en­ten: anfalls­frei
  • 1 Pati­ent: erhöh­te Anfalls­fre­quenz, CBD wird aus­ge­schli­chen

4 Pati­en­ten mit myo­klo­ni­scher Absence-Epi­lep­sie:

  • 2 Pati­en­ten: Anfalls­re­du­zie­rung um 75% bzw. 90%,  davon ein Pati­ent mit CBD-Mono­the­ra­pie
  • 2 Pati­en­ten: kei­ne Ver­än­de­rung der Anfalls­fre­quenz, einer davon begann nach drei Mona­ten CBD aus­zu­schlei­chen

1 Pati­ent mit gene­ra­li­sier­ter Epi­lep­sie

  • Anfalls­re­du­zie­rung um 70%

1 Pati­ent mit Epi­lep­sie wegen Poly­mi­kro­gy­rie (Fehl­bil­dung der Hirn­rin­de)

  • kei­ne Ver­än­de­rung der Anfalls­fre­quenz, CBD wur­de nach sechs Mona­ten aus­ge­schli­chen

Neben­wir­kun­gen:

  • Kei­ne signi­fi­kan­te Ver­än­de­rung des kom­plet­ten Blut­bil­des, der Leber- und Nie­ren­wer­te, der Krea­ti­nin­wer­te und Elek­tro­ly­ten
  • Erhö­hung der Clo­bazam­wer­te
  • 3 Pati­en­ten: Ape­titt­ver­lust, Wider­wil­le gegen­über Essen, Übel­keit und gele­gent­li­ches Erbre­chen
    – Davon 1 Pati­ent mit einem Gewichts­ver­lust von 20%
    – Davon 2 Pati­en­ten mit Dosis­re­du­zie­rung und einer Ver­bes­se­rung der Sym­pto­me
  • 3 Pati­en­ten: Durchfall/​weicher Stuhl
  • 1 Pati­ent: Müdig­keit

Es ist außer­or­dent­lich wich­tig, zu beto­nen, dass die Ergeb­nis­se die­ser klei­nen Stich­pro­be nicht ohne Wei­te­res für all­ge­mein­gül­ti­ge Aus­sa­gen ver­wen­det wer­den kön­nen. Viel­mehr sind groß ange­leg­te Pati­en­ten­stu­di­en zur Erlan­gung von wis­sen­schaft­lich rele­van­ten Ergeb­nis­sen not­wen­dig.

Dr. Ste­ven Wright, Direk­tor für For­schung und Ent­wick­lung bei GW Pha­ramceu­ti­cals, gab in die­sem Zusam­men­hang einen kur­zen Aus­blick auf die geplan­ten mul­ti­na­tio­na­len Kon­troll-Stu­di­en in den USA. Zwi­schen 2014–2015 sol­len ins­ge­samt 83 Zen­tren in bis zu 6 Län­dern teil­neh­men (sie­he hier­zu auch den Vor­trag).

Auch von den ande­ren Refe­ren­ten waren die Vor­trä­ge sehr infor­ma­tiv und inter­es­sant.

CBD + CBDV (Can­na­bi­di­va­rin) bei Anfäl­len und Epi­lep­sie (Dr.  Ben­ja­min Whal­ley)

  • bei pro­vo­zier­ten Krämp­fen in vitro (an Zel­len) und in vivo (Tie­ren) haben CBD und CBDV einen anti­kon­vul­si­ven Effekt
  • CBD/CBDV füh­ren zu einer Ver­bes­se­rung der Moto­rik bei Mäu­sen mit Epi­lep­sie
  • CBD/CBDV zei­gen kei­ne nega­ti­ve Aus­wir­kung auf die Kogni­ti­on
  • CBD/CBDV sind kei­ne Sodium­ka­nal-Blo­cker
  • wei­te­re prä­kli­ni­sche Stu­di­en mit Dra­vet-Mäu­sen sind geplant
  • Kli­ni­sche Stu­di­en am Men­schen mit CBD und CBDV sind ange­lau­fen bzw. star­ten noch die­ses Jahr

 

CBD bei neo­na­ta­ler Hypo­xie-Ischä­mie (Dr. D. José Mar­tí­nez Orgado)

  • Die Man­gel­durch­blu­tung (Hypo­xie-Ischä­mie) tritt bei Neu­ge­bo­re­nen häu­fig auf: 25% ster­ben, 25% Fol­ge­schä­den
  • Stu­di­en mit neu­ge­bo­re­nen Fer­keln zei­gen sehr gute Erfol­ge bei der Behand­lung mit CBD
  • Für aku­te Behand­lungs­zie­le ist die intra­ve­nö­se Ver­ab­rei­chung vor­zu­zie­hen
  • Für ein lang­fris­ti­ges Niveau von CBD, ist die ora­le Ver­ab­rei­chung vor­zu­zie­hen
  • Wich­tig: Erkennt­nis­se zur Dosie­rung und Ver­ab­rei­chungs­form von CBD bei Tie­ren und Erwach­se­nen kön­nen nur beschränkt auf mensch­li­che Babys und Klein­kin­der über­tra­gen wer­den. Spe­zi­fi­sche Stu­di­en sind zwin­gend erfor­der­lich.

CBD bei Angst­stö­run­gen und Schi­zo­phre­nie (Dr. Phil­ip Rob­son)

  • CBD wirkt iden­tisch gut wie ein eta­blier­tes Medi­ka­ment geg. Schi­zo­phre­nie (Stu­die mit 33 Pati­en­ten)
  • Pati­en­ten bevor­zug­ten CBD wegen gerin­ge­rer Neben­wir­kun­gen (Übel­keit, Gewichts­zu­wachs)
  • CBD hilft bei wei­te­ren Pro­ble­men der Schi­zo­phre­nie (anor­ma­le Stress­ver­ar­bei­tung, ent­zünd­li­che Pro­zes­se)
  • Vie­le gut wir­ken­de Anti­psy­cho­ti­ka haben sehr nega­ti­ve Effek­te auf das kar­dio­vas­ku­lä­re Sys­tem (Herz und Gefäß­sys­tem). Die­se nega­ti­ven Effek­te zeig­ten sich bei CBD nicht.

Nico­le Lam­la

2. Vor­sit­zen­de