Maxim aus Hes­sen hat­te sei­nen ers­ten Anfall mit drei­ein­halb Mona­ten. Mit 10 Mona­ten erhielt er die Dia­gno­se Dra­vet-Syn­drom. Sei­ne Eltern, Lisa und Maxim, erzäh­len sei­ne Geschich­te

Könnt Ihr uns etwas über Maxims ers­te Anfäl­le erzäh­len? Wie habt Ihr sie bemerkt und wie dar­auf reagiert?

Maxim kam gesund zur Welt. Mit drei­ein­halb Mona­ten erlitt er sei­nen ers­ten epi­lep­ti­schen Anfall – am Tag der sie­ben­fa­chen Stan­dard­imp­fung. Bis dahin war er ein fröh­li­cher Jun­ge. Wir wuss­ten nicht, was zu tun ist, also rie­fen wir die Not­auf­nah­me der Kin­der­kli­nik in Frank­furt-Höchst an. Dort ver­mu­te­te man einen Fie­ber­krampf auf­grund der leicht erhöh­ten Tem­pe­ra­tur. Lei­der krampf­te Maxim in den fol­gen­den Tagen und Mona­ten sehr häu­fig, inten­siv und lang­an­hal­tend, sodass wir zur Abklä­rung sta­tio­när auf­ge­nom­men wur­den. Nach ver­schie­de­nen Unter­su­chun­gen wur­de Maxim auf Kepp­ra ein­ge­stellt und ent­las­sen.

Wann habt ihr die Dia­gno­se Dra­vet-Syn­drom erhal­ten?

Lei­der brach­te das Kepp­ra kei­ne Ver­bes­se­rung, Maxim krampf­te wei­ter. Wir such­ten ver­schie­de­ne Ärz­te auf und lie­ßen uns bera­ten. Sogar bei einem Homöo­pa­then waren wir, in der Hoff­nung, dass er unse­rem Kind hel­fen könn­te. Als sich nichts bes­ser­te, fax­ten wir die bereits vor­han­de­nen Arzt­brie­fe an meh­re­re Kran­ken­häu­ser mit kin­der­n­eu­ro­lo­gi­schen Sta­tio­nen. Weni­ge Minu­ten spä­ter erhiel­ten wir ein Fax aus der Main­zer Uni­kli­nik mit der drin­gen­den Bit­te schnellst­mög­lich zur sta­tio­nä­ren Auf­nah­me zu kom­men. Dort wur­de Maxim mit etwa 10 Mona­ten die Dia­gno­se Dra­vet-Syn­drom gestellt.

Wie hat sich das Leben für euch als Fami­lie seit der Dia­gno­se­stel­lung ver­än­dert?

Einer­seits waren wir erleich­tert, end­lich einen Namen für die Krank­heit zu haben, ande­rer­seits war die Recher­che dar­über nie­der­schmet­ternd. Schon vor der Dia­gno­se war unser Leben nicht mehr wie zuvor. Maxim krampf­te über­all – im Bett, im Auto, im Schwimm­bad, beim Spa­zier­gang. Wir hat­ten stän­dig Angst, sodass wir kaum noch das Haus ver­lie­ßen. Unse­re ältes­te Toch­ter war bereits aus­ge­zo­gen, aber unse­re damals 13-jäh­ri­ge Toch­ter muss­te oft von der Oma betreut wer­den, weil unse­re Auf­merk­sam­keit fast kom­plett auf Maxim gerich­tet war. Die ers­ten drei Jah­re sei­nes Lebens ver­brach­ten wir etwa ein gesam­tes Jahr in der Kli­nik. Wenn die Anfäl­le nicht von selbst auf­hör­ten, wur­den wir sta­tio­när auf­ge­nom­men.

Wie geht Ihr als Eltern mit den emo­tio­na­len Belas­tun­gen um, die mit der Betreu­ung eines Kin­des mit einer schwe­ren neu­ro­lo­gi­schen Erkran­kung ein­her­ge­hen?

Unser Fami­li­en­le­ben wur­de durch Maxims Krank­heit kom­plett auf den Kopf gestellt. Es ist ein völ­lig ande­res Leben als das, das wir zuvor geführt haben. Auch wenn wir ver­su­chen es zu beschrei­ben, wird es für jeman­den, der kei­ne Berüh­rungs­punk­te mit die­ser Krank­heit hat, schwer sein dies nach­zu­voll­zie­hen. Wir haben eini­ge Jah­re gebraucht, die Krank­heit unse­res Soh­nes zu akzep­tie­ren. Es war eben­falls ein Lern­pro­zess, damit umzu­ge­hen. Am wich­tigs­ten ist es, dass wir uns immer gegen­sei­tig unter­stüt­zen, um Frei­räu­me für eige­ne Hob­bys, Freund­schaf­ten und Bekannt­schaf­ten zu schaf­fen.

Wie geht es Maxim heu­te?

Wir haben einen strik­ten Tages­ab­lauf, der ihm Sicher­heit gibt. Maxim ist oft laut, wenn er Frust hat, weil er sich nur schwer ver­bal aus­drü­cken kann. Er spuckt, kneift oder wirft Gegen­stän­de, wenn er über­for­dert ist. Aber er ist auch ein fröh­li­cher, lebens­be­ja­hen­der Jun­ge, der Men­schen liebt. Wir tun alles, um ihm ein sta­bi­les Umfeld zu bie­ten und Trig­ger wie Hit­ze oder Lärm zu ver­mei­den.

Wel­che Unter­stüt­zung erhal­tet ihr als Fami­lie?

Ohne unse­ren Pfle­ge­dienst wäre es unmög­lich, unse­ren All­tag zu bewäl­ti­gen. Sie sind eine enor­me Hil­fe und ein wich­ti­ger Teil unse­res Lebens gewor­den. Auch unse­re Toch­ter Kath­rin und ihr Freund sprin­gen gele­gent­lich ein, um uns zu ent­las­ten. Wir sind sehr dank­bar für die­sen fami­liä­ren Zusam­men­halt.

Wel­che Art von Unter­stüt­zung und Behand­lung erhält Maxim für sein Dra­vet-Syn­drom? 

Wir jus­tie­ren regel­mä­ßig die Medi­ka­men­te mit unse­rer Neu­ro­lo­gin. Seit drei Jah­ren neh­men wir an einer Stu­die teil, die 350 Kilo­me­ter ent­fernt ist. Die ers­ten andert­halb Jah­re erhiel­ten wir ein Pla­ce­bo, doch als Maxim das ech­te Medi­ka­ment bekam, ver­bes­ser­te sich sein Zustand merk­lich. Er besucht zudem Logo­pä­die und the­ra­peu­ti­sches Rei­ten. Gera­de letz­te­res tut ihm bereits seit sei­nem drit­ten Lebens­jahr sehr gut.

Was möch­tet ihr ande­ren betrof­fe­nen Fami­li­en mit auf den Weg geben?

Gebt nie­mals auf! Sucht nach Wegen und Mög­lich­kei­ten, auch wenn es manch­mal aus­sichts­los erscheint. Nehmt euch bewusst Zeit für­ein­an­der, für euch selbst und für die Geschwis­ter­kin­der. Unser Weg war schwer, aber wir haben gelernt, mit der Krank­heit zu leben. Maxim ist ein beson­de­rer Jun­ge, und wir sind stolz dar­auf, ihm ein Leben vol­ler Lie­be und Für­sor­ge zu ermög­li­chen.

Herz­li­chen Dank, dass Ihr Euch die Zeit genom­men habt.