Foto: Ser­pil Budak, Kon­gress-Saal IEC 2023 in Dub­lin

Der Inter­na­tio­na­le Liga gegen Epi­lep­sie (ILAE) ver­an­stal­te­te vom 02. bis zum 06. Sep­tem­ber 2023 in Dub­lin den inter­na­tio­na­len Epi­lep­sie­kon­gress (IEC), der alle zwei Jah­re statt­fin­det. Soge­nann­te DEEs waren ein zen­tra­les The­ma auf dem Kon­gress, wobei beson­ders das Dra­vet-Syn­drom, das Lenn­ox-Gastaut-Syn­drom und TSC (Tuber­ö­se Skle­ro­se) im Fokus stan­den.

DEE steht für „Deve­lo­p­men­tal and Epi­lep­tic Ence­pha­lo­pa­thies“, zu Deutsch „Ent­wick­lungs­neu­ro­lo­gi­sche und epi­lep­ti­sche Enze­pha­lo­pa­thien“. Es han­delt sich dabei um eine Grup­pe von schwe­ren neu­ro­lo­gi­schen Erkran­kun­gen, die durch eine Kom­bi­na­ti­on aus Ent­wick­lungs­stö­run­gen und schwe­ren epi­lep­ti­schen Anfäl­len gekenn­zeich­net sind. Die­se Erkran­kun­gen betref­fen die geis­ti­ge und kör­per­li­che Ent­wick­lung von Betrof­fe­nen in erheb­li­chem Maße.

Die Euro­päi­sche Dra­vet-Syn­drom-Föde­ra­ti­on (DSEF- Dra­vet Syn­dro­me Euro­pean Fede­ra­ti­on) ist eine gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­ti­on, ein Zusam­men­schluss euro­päi­scher Pati­en­ten-Orga­ni­sa­tio­nen zum Dra­vet-Syn­drom. Die DSEF wur­de 2014 von acht Orga­ni­sa­tio­nen mit dem Ziel gegrün­det, gemein­sam für eine Hei­lung die­ser schreck­li­chen Krank­heit zu kämp­fen.

Das Bild zeigt die Mitglieder der Patienten-Organisation DSEF, Dravet Syndrome European Federation bein einem gemeinsamen Meeting während des IEC Kongresses im September 2023 in Dublin
Mit­glie­der der DSEF (Dra­vet Syn­dro­me Euro­pean Fede­ra­ti­on) v.l.n.r. Pim Smit (Sticht­ing Dra­vet­syn­d­room Nederland/​Vlaanderen), Nina Sojar Kosor­ok (Dra­vet Slove­nia), Anja Wik­lund (Dra­vet Nor­way), Ser­pil Budak (Dra­vet-Syn­drom e.V.), Simo­na Bor­ro­ni (Grup­po Fami­g­lie Dra­vet Asso­cia­zio­ne ONLUS Ita­ly), Clai­re Eld­red (Dra­vet UK), Luis­mi Aras (Apo­yo Dra­vet Spain), Nico­la Kehoa (Dra­vet Ire­land)

Stim­me der Pati­en­ten im Fokus und Kom­or­bi­di­tä­ten neu betrach­tet

Die Orga­ni­sa­to­ren leg­ten gro­ßen Wert dar­auf, vie­le Ses­si­ons mit der Per­spek­ti­ve der Pati­en­ten zu eröff­nen. Amber Freed von SLC6A1 Con­nect eröff­ne­te das Prä­si­den­ten­sym­po­si­um mit einer ein­drucks­vol­len Rede. Sie beton­te die Bedeu­tung von koor­di­nier­ter mul­ti­dis­zi­pli­nä­rer Betreu­ung und des Zuhö­rens der Ärz­te für Fami­li­en von Men­schen mit schwe­ren Epi­lep­sie­er­kran­kun­gen.

Dr. Scott Dema­rest aus Colo­ra­do, USA und Spe­zia­list in der Neu­ro­päd­ia­trie, klär­te dar­über auf, dass Kom­or­bi­di­tä­ten oft zen­tra­le Merk­ma­le eines Syn­droms sind, nicht nur beglei­ten­de Erschei­nun­gen. Dr. Anto­nio Gil-Nagel, Neu­ro­lo­ge aus Madrid ergänz­te, dass nur 3% der DEE-Pati­en­ten aus­schließ­lich unter Anfäl­len lei­den, die meis­ten haben vie­le wei­te­re Her­aus­for­de­run­gen.

The­ra­pie­an­sät­ze und Dis­kus­si­ons­punk­te

Dr. Elai­ne Wir­rell, Direk­to­rin der päd­ia­tri­schen Epi­lep­sie-Ein­heit an der Mayo-Kli­nik (USA) ver­deut­lich­te, dass das the­ra­peu­ti­sche Ziel bei DEEs anders ist als bei Pati­en­ten, die aus­schließ­lich unter Epi­lep­sie lei­den. Sie beton­te, dass es dar­um geht, die gra­vie­rends­ten Anfäl­le zu behan­deln und die Lebens­qua­li­tät zu maxi­mie­ren.

Dr. Scott Dema­rest refe­rier­te dazu, dass krank­heits­mo­di­fi­zie­ren­de The­ra­pien dar­auf abzie­len, die Grund­la­ge einer Erkran­kung anzu­ge­hen, um das gesam­te Erschei­nungs­bild zu ver­bes­sern. Die­se Ent­wick­lung mar­kiert einen bedeu­ten­den Wen­de­punkt in der Epi­lep­sie­for­schung.

Mit der Aus­sicht auf The­ra­pien, die mehr als nur die Anfalls­häu­fig­keit redu­zie­ren kön­nen, ver­la­gert sich der Fokus auf kli­ni­sche Stu­di­en. Dar­über ent­stan­den auf dem Kon­gress ange­reg­te Dis­kus­sio­nen über geeig­ne­te kli­ni­sche Out­co­me-Mes­sun­gen und End­punk­te unter den Teil­neh­men­den.

Erwach­se­nen­neu­ro­lo­gen rücken ins Ram­pen­licht

Mit der ver­bes­ser­ten Dia­gno­se von DEEs gibt es mehr erwach­se­ne Pati­en­ten. Doch vie­le Erwach­se­nen-Neu­ro­lo­gen haben weni­ger Erfah­rung in der Behand­lung von „Kin­der­epi­lep­sien“. Eine bes­se­re Tran­si­ti­on, d.h. Betreu­ung und Über­gang von der päd­ia­tri­schen zur erwach­se­nen Ver­sor­gung ist not­wen­dig.

Poten­zi­el­le viel­ver­spre­chen­de Medi­ka­men­te

XEN1101 (Xenon Phar­maceu­ti­cals), ein Medi­ka­ment für foka­le und gene­ra­li­sier­te Anfäl­le, zeigt viel­ver­spre­chen­de Ergeb­nis­se. Eben­so erweist sich STK-001 (Sto­ke The­ra­peu­tics) als viel­ver­spre­chend für gene­ti­sche Epi­lep­sien.

Foto: Ser­pil Budak, v.l.n.r.: Simo­na Bor­ro­ni, Vor­stands­vor­sit­zen­de der DSEF, Ser­pil Budak, stv. Vor­stands­vor­sit­zen­de DSEF und Vor­stän­din im Dra­vet-Syn­drom e.V.

Platt­form Land­sca­ping Pro­jekt

Gleich zwei Prä­sen­ta­ti­ons­mög­lich­kei­ten boten sich für das Land­sca­ping Pro­jekt. Die­ses Pro­jekt ist eine gemein­sam initi­ier­te Stu­die des Dra­vet-Syn­drom e.V., Grup­po Fami­g­lie Dra­vet Asso­cia­zio­ne ONLUS Ita­ly und der Ver­ei­ni­gung Dra­vet Syn­drom Schweiz.

Ziel des Pro­jekts ist es her­aus­zu­fin­den, wie Eltern und Pfle­gen­de sich infor­mie­ren, ob und wie sich der Zugriff auf For­schungs­er­geb­nis­se gestal­tet, wel­che Erwar­tun­gen an die For­schung gestellt wer­den und wo die größ­ten Dis­kre­pan­zen sind. Die dar­aus gewon­ne­nen Erkennt­nis­se und Ein­bli­cke wer­den mit For­schern und ande­ren Inter­es­sen­grup­pen geteilt und bil­den letzt­end­lich die Grund­la­ge für eine For­schungs-Agen­da, indem die die Eltern- und Pati­en­ten­sicht und deren uner­füll­te Erwar­tun­gen zusam­men­ge­fasst wer­den.

Simo­na Bor­ro­ni, Vor­sit­zen­de der Grup­po Fami­g­lie Dra­vet Asso­cia­zio­ne ONLUS Ita­ly, prä­sen­tier­te Inter­es­sier­ten die Umfra­ge. Und in der Fak­ten­aus­stel­lung konn­ten Teil­neh­men­de die Ergeb­nis­se aus dem Pro­jekt ein­se­hen. Ser­pil Budak, Vor­stän­din beim Dra­vet-Syn­drom e.V., und Simo­na Bor­ro­ni beant­wor­te­ten im direk­ten Gespräch in der Pos­ter-Aus­stel­lung Fra­gen zum Pro­jekt.

Aus­blick und Fazit

Der IEC2023 Kon­gress bestä­tig­te die stei­gen­de Bedeu­tung der Pati­en­ten­per­spek­ti­ve, die Not­wen­dig­keit eines ganz­heit­li­chen Ansat­zes bei DEEs und die Ent­wick­lung von The­ra­pien, die auf die Ursa­che der Erkran­kung abzie­len. Den­noch besteht wei­ter­hin Bedarf an brei­te­ren Dis­kus­sio­nen über sel­te­ne gene­ti­sche Epi­lep­sien.

Vie­len Dank an die Mit­strei­ter der DSEF für die Teil­nah­me und Wir­ken im Sin­ne der Dra­vet-Com­mu­ni­ty aus ganz Euro­pa!

Quel­le: Ana Min­g­orance IEC2023 Dub­lin — DRA­CAE­NA (draccon.com), 15.09.2023, Fotos: Ser­pil Budak