Eine neue Stu­die aus Groß­bri­tan­ni­en, ver­öf­fent­licht im Euro­pean Jour­nal of Paed­ia­tric Neu­ro­lo­gy, zeigt: Fami­li­en mit Dra­vet-Syn­drom erhal­ten oft nicht die Unter­stüt­zung, die sie drin­gend benö­ti­gen. Die Unter­su­chung, durch­ge­führt von Dra­vet Syn­dro­me UK und der Uni­ver­si­tät Glas­gow, ana­ly­sier­te die Erfah­run­gen von über 165 betrof­fe­nen Fami­li­en und macht die Her­aus­for­de­run­gen, mit denen sie täg­lich kon­fron­tiert sind, sicht­bar.

Was ist das Dra­vet-Syn­drom?

Das Dra­vet-Syn­drom ist eine gene­tisch beding­te, sel­te­ne Form der Epi­lep­sie, die meist im ers­ten Lebens­jahr beginnt. Es zeich­net sich durch fie­ber­be­ding­te Anfäl­le aus, die sich spä­ter zu chro­ni­schen epi­lep­ti­schen Anfäl­len ent­wi­ckeln. Vie­le Betrof­fe­ne erle­ben mehr­mals täg­lich Krampf­an­fäl­le – in eini­gen Fäl­len sogar Hun­der­te pro Woche. Neben den Anfäl­len kön­nen moto­ri­sche und kogni­ti­ve Ein­schrän­kun­gen auf­tre­ten, die im Lau­fe der Zeit eine inten­si­ve Pfle­ge erfor­dern.

Zu den zusätz­li­chen Her­aus­for­de­run­gen gehö­ren:

  • Autis­mus-Spek­trum-Stö­run­gen
  • Auf­merk­sam­keits­de­fi­zit-Hyper­ak­ti­vi­täts­stö­rung (ADHS)
  • Schwie­rig­kei­ten bei Mobi­li­tät, Spra­che, Nah­rungs­auf­nah­me und Schlaf
  • Her­aus­for­dern­des Ver­hal­ten

Dar­über hin­aus besteht bei Men­schen mit Dra­vet-Syn­drom ein deut­lich erhöh­tes Risi­ko für SUDEP (plötz­li­cher uner­war­te­ter Tod bei Epi­lep­sie). SUDEP beschreibt den plötz­li­chen, nicht erklär­ba­ren Tod eines Men­schen mit Epi­lep­sie, meist im Zusam­men­hang mit einem Anfall.

Ergeb­nis­se der Stu­die: Man­gel an Unter­stüt­zung für Fami­li­en

Feh­len­de Kom­mu­ni­ka­ti­on über SUDEP

Trotz des Risi­kos eines plötz­li­chen uner­war­te­ten Todes bei Epi­lep­sie (SUDEP) gaben fast die Hälf­te (37 %) der Fami­li­en an, dass ihr Neu­ro­lo­ge die damit ver­bun­de­nen Risi­ken nie mit ihnen bespro­chen hat­te. Gleich­zei­tig wünsch­ten sich 77 % der Fami­li­en mehr Gesprä­che mit medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten, um bes­ser vor­be­rei­tet zu sein. Dies ist beson­ders wich­tig, da 25 % der Fami­li­en in den letz­ten zwei Jah­ren sechs oder mehr Not­fall­ein­wei­sun­gen erlebt hat­ten. Die­se Ergeb­nis­se zei­gen, wie not­wen­dig früh­zei­ti­ge und umfas­sen­de Auf­klä­rung ist.

Belas­tun­gen durch die Erkran­kung

Die Stu­die ver­deut­licht die viel­fäl­ti­gen Belas­tun­gen, die durch das Dra­vet-Syn­drom ent­ste­hen:

  • Pfle­ge­inten­si­tät: Eltern von Kin­dern mit Dra­vet-Syn­drom ste­hen vor erheb­li­chen Her­aus­for­de­run­gen und berich­ten von einem hohen Zeit- und Ener­gie­auf­wand. Die Anfäl­le kön­nen jeder­zeit auf­tre­ten, was eine stän­di­ge Über­wa­chung not­wen­dig macht. Vie­le Fami­li­en sind dadurch emo­tio­nal und kör­per­lich erschöpft.
  • Finan­zi­el­le Belas­tung: Die Kos­ten für Behand­lun­gen, The­ra­pien und oft not­wen­di­ge Hilfs­mit­tel wie Über­wa­chungs­ge­rä­te sind erheb­lich. Vie­le Eltern müs­sen ihre beruf­li­chen Tätig­kei­ten redu­zie­ren oder ganz auf­ge­ben, was die finan­zi­el­le Situa­ti­on zusätz­lich belas­tet.
  • Psy­cho­so­zia­le Aus­wir­kun­gen: Fami­li­en mit einem an Dra­vet-Syn­drom erkrank­ten Kind erle­ben häu­fig Iso­la­ti­on, da der All­tag stark auf die Pfle­ge und Bedürf­nis­se des Kin­des aus­ge­rich­tet ist. Dies führt oft zu psy­chi­schen Belas­tun­gen wie Angst, Depres­si­on und chro­ni­scher Erschöp­fung. Auch Geschwis­ter sind betrof­fen: Der soge­nann­te „Knock-On-Effekt“ beschreibt die indi­rek­ten Fol­gen, die sich durch die beson­de­re Fami­li­en­si­tua­ti­on auf ihr psy­chi­sches Wohl­be­fin­den aus­wir­ken kön­nen, etwa in Form von emo­tio­na­lem Stress oder dem Gefühl, weni­ger Auf­merk­sam­keit zu erhal­ten.

The­ra­pien und Unter­stüt­zungs­be­darf

Die Stu­die unter­streicht, dass sowohl medi­zi­ni­sche als auch psy­cho­so­zia­le Aspek­te in der Betreu­ung von Fami­li­en mit Dra­vet-Syn­drom berück­sich­tigt wer­den müs­sen.

  • Medi­ka­men­tö­se The­ra­pien: Zwar gibt es inzwi­schen Medi­ka­men­te, die die Häu­fig­keit und Schwe­re der Anfäl­le redu­zie­ren kön­nen, doch ein Groß­teil der Kin­der spricht nicht aus­rei­chend dar­auf an. Die Ent­wick­lung neu­er The­ra­pien bleibt daher ein Schwer­punkt in der For­schung.
  • Zusätz­li­che The­ra­pie­for­men: Die Stu­die betont den Bedarf an effek­ti­ven Behand­lungs­stra­te­gien, um die Lebens­qua­li­tät der betrof­fe­nen Kin­der und ihrer Fami­li­en zu ver­bes­sern. Phy­sio- und Ergo­the­ra­pie, Logo­pä­die sowie spe­zi­el­le Bil­dungs­an­ge­bo­te kön­nen dazu bei­tra­gen, die Ent­wick­lung der Kin­der zu för­dern und deren Lebens­qua­li­tät zu ver­bes­sern.
  • Unter­stüt­zung für Fami­li­en: Es wird her­vor­ge­ho­ben, wie wich­tig es ist, Fami­li­en mit sozia­len und psy­cho­lo­gi­schen Res­sour­cen zu unter­stüt­zen, um die Belas­tun­gen des All­tags bes­ser bewäl­ti­gen zu kön­nen.

Fazit: Ein ganz­heit­li­cher Ansatz ist not­wen­dig

Die Ergeb­nis­se der Stu­die machen deut­lich, dass es nicht aus­reicht, sich nur auf die Behand­lung der Anfäl­le zu kon­zen­trie­ren. Ein ganz­heit­li­cher Ansatz, der sowohl die medi­zi­ni­schen als auch die psy­cho­so­zia­len Bedürf­nis­se von Betrof­fe­nen und ihren Fami­li­en berück­sich­tigt, ist drin­gend erfor­der­lich.

Um die Lebens­qua­li­tät der Fami­li­en zu ver­bes­sern, sind bes­se­re Ver­net­zun­gen zwi­schen Ärz­ten, The­ra­peu­ten und sozia­len Diens­ten not­wen­dig. Gleich­zei­tig ist gesell­schaft­li­che Auf­merk­sam­keit gefragt, um das Bewusst­sein für die Her­aus­for­de­run­gen des Dra­vet-Syn­droms zu schär­fen. Nur so kann lang­fris­tig Hoff­nung und Unter­stüt­zung für die Betrof­fe­nen geschaf­fen wer­den.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen fin­dest du in der kom­plet­ten Stu­die: Euro­pean Jour­nal of Paed­ia­tric Neu­ro­lo­gy.