Epi­lep­sie­zen­trum am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Frei­burg an mul­ti­zen­tri­scher Erhe­bung betei­ligt / Ver­öf­fent­li­chung in Lan­cet Neu­ro­lo­gy

Eine euro­päi­sche For­scher­grup­pe hat erst­mals die genau­en Abläu­fe iden­ti­fi­ziert, die bei Epi­lep­sie­pa­ti­en­ten zum töd­li­chen Still­stand von Atmung und Herz­schlag füh­ren kön­nen. Durch eine bes­se­re Über­wa­chung der Pati­en­ten lie­ßen sich die­se plötz­li­chen anfalls­be­ding­ten Todes­fäl­le häu­fig ver­mei­den, so das Fazit der Wis­sen­schaft­ler. Ihre Erkennt­nis­se sind soeben in der Online­aus­ga­be des renom­mier­ten Fach­jour­nals Lan­cet Neu­ro­lo­gy erschie­nen.

Plötz­li­che anfalls­be­ding­te Todes­fäl­le (Sud­den Unex­pec­ted Death in Epi­le­psy, SUDEP) sind die häu­figs­te Todes­ur­sa­che bei erwach­se­nen Epi­lep­sie­pa­ti­en­ten. Beson­ders betrof­fen sind Pati­en­ten, die nicht auf Anti­epi­lep­ti­ka anspre­chen; die meis­ten Todes­fäl­le tre­ten nachts im Schlaf in Bauch­la­ge ein. Bis­lang waren auf­grund der schlech­ten Daten­la­ge die genau­en Abläu­fe unklar, die zu SUDEP füh­ren.

Nun ist es einer For­scher­grup­pe um den Neu­ro­lo­gen Prof. Dr. Phil­ip­pe Ryv­lin (Lyon) gelun­gen, anhand von Auf­zeich­nun­gen aus Sta­tio­nen mit Epi­lep­sie­pa­ti­en­ten in Euro­pa, Isra­el, Aus­tra­li­en und Neu­see­land den Mecha­nis­mus des SUDEP zu beschrei­ben. Auch das Epi­lep­sie­zen­trum am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Frei­burg unter Lei­tung von Prof. Dr. Andre­as Schul­ze- Bon­ha­ge steu­er­te Daten eines Pati­en­ten bei, der nach einem Atem- und Herz­still­stand erfolg­reich reani­miert wer­den konn­te. Ins­ge­samt konn­ten die For­scher 25 Fäl­le von SUDEP oder Bei­na­he-SUDEP ana­ly­sie­ren, die im Rah­men der Stan­dard­über­wa­chung von Hirn- und Herz­ak­ti­vi­tä­ten mit Hil­fe von Video-Elek­tro­en­ze­pha­logramm (VEEG) und Elek­tro­kar­dio­gramm (EKG) auf­ge­zeich­net wor­den waren.

Die Aus­wer­tung der VEEG- und EKG-Auf­zeich­nun­gen brach­te ein ein­deu­ti­ges Mus­ter zuta­ge: Auf einen Krampf­an­fall mit zunächst ver­steif­ten, dann sym­me­trisch zucken­den Extre­mi­tä­ten folgt eine Pha­se schnel­ler Atmung mit 18 – 50 Atem­zü­gen pro Minu­te und ein Abfla­chen der Hirn­ak­ti­vi­tät. Inner­halb von drei Minu­ten kommt es dar­auf­hin zu einem Atem- und Herz­still­stand, der bei einem Drit­tel der erfass­ten Pati­en­ten töd­lich ende­te. Bei den übri­gen Pati­en­ten setz­ten Atmung und Herz­schlag noch­mals ein, spä­tes­tens elf Minu­ten nach Ende des Krampf­an­falls kam es jedoch zu dau­er­haf­tem Atem- und Herz­still­stand. Wur­de inner­halb der ers­ten drei Minu­ten nach Ein­tre­ten des neu­ro-vege­ta­ti­ven Zusam­men­bruchs eine Reani­ma­ti­on ein­ge­lei­tet, über­leb­ten die Pati­en­ten.

„Eine bes­se­re Über­wa­chung von Epi­lep­sie­pa­ti­en­ten ist unbe­dingt not­wen­dig, um recht­zei­tig lebens­er­hal­ten­de Maß­nah­men ein­lei­ten zu kön­nen“, sagt Schul­ze-Bon­ha­ge. Dies sei ins­be­son­de­re in Pha­sen der Medi­ka­men­ten­um­stel­lung wich­tig: Bei der Mehr­zahl der Pati­en­ten waren im Zuge ihrer kli­ni­schen Unter­su­chung anti­epi­lep­ti­sche Medi­ka­men­te redu­ziert oder abge­setzt wor­den. „Durch eine stän­di­ge Mes­sung von Puls, Herz­fre­quenz oder Sau­er­stoff­sät­ti­gung des Blu­tes kön­nen SUDEP-ähn­li­che Vor­fäl­le früh­zei­tig erkannt und ihr töd­li­cher Aus­gang ver­hin­dert wer­den“, so Schul­ze-Bon­ha­ge.

Titel der Ori­gi­nal­ver­öf­fent­li­chung: Inci­dence and mecha­nisms of car­dio­re­spi­ra­to­ry arrests in epi­le­psy moni­to­ring units (MOR­TE­MUS): a retro­s­pec­ti­ve stu­dy doi: 10.1016/S1474-4422(13)70214‑X