Seit unserem letzten Beitrag im März 25 über Bexicaserin hat sich einiges getan.
Der Wirkstoff, der als neue Therapieoption für seltene und schwer behandelbare Epilepsien wie das Dravet-Syndrom untersucht wird, ist nun in eine entscheidende Studienphase eingetreten.
Wie wirkt Bexicaserin?
Bexicaserin gehört zu einer neuen Generation von Medikamenten, die gezielt das Serotonin-System im Gehirn beeinflussen. Serotonin steuert viele Körperfunktionen, unter anderem die elektrische Aktivität von Nervenzellen. Beim Dravet-Syndrom ist diese Aktivität gestört, was zu einer Übererregung im Gehirn und dadurch zu Anfällen führen kann. Bexicaserin aktiviert gezielt den 5‑HT₂C-Rezeptor im Gehirn und soll so helfen, die neuronale Erregung zu stabilisieren und Anfälle zu reduzieren.
Rückblick: Positive Ergebnisse aus der PACIFIC-Studie
In der vorhergehenden Phase-1b/2a-Studie („PACIFIC“) wurde Bexicaserin bei Jugendlichen und Erwachsenen mit verschiedenen Entwicklungs- und epileptischen Enzephalopathien (DEEs) untersucht. Die Ergebnisse waren vielversprechend: Die Zahl der motorischen Anfälle verringerte sich im Median um etwa 60 Prozent, die Teilnehmenden zeigten über den gesamten Behandlungszeitraum hinweg eine anhaltende Verbesserung, und das Medikament wurde gut vertragen. Es traten keine Hinweise auf Herzklappenveränderungen oder pulmonale Nebenwirkungen auf. Diese positiven Resultate legten den Grundstein für die nun gestartete, groß angelegte Phase-III-Studie.
Die aktuelle Phase-III-Studie (DEEp-OCEAN)
Nach den positiven Ergebnissen der bisherigen Studien wird Bexicaserin nun in einer groß angelegten Phase-III-Studie untersucht, die den Namen DEEp-OCEAN trägt. In dieser entscheidenden Studienphase soll die Wirksamkeit und Sicherheit des Wirkstoffs in einer größeren Patientengruppe bestätigt werden. Eingeschlossen werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit verschiedenen Entwicklungs- und epileptischen Enzephalopathien, darunter auch das Dravet-Syndrom.
Studienstart in Deutschland
Besonders erfreulich ist, dass die Phase-III-Studie jetzt auch in Deutschland läuft. Laut dem offiziellen Studienregister beteiligen sich die folgenden Zentren:
- Gesellschaft für Epilepsieforschung e. V., Bielefeld
- Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel
- Epilepsie-Zentrum Bodensee, Ravensburg
- Klinikum der Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Ob eine Teilnahme möglich ist, entscheiden die Prüfärztinnen und Prüfärzte an den jeweiligen Studienzentren. Familien können sich dort informieren, ob eine Teilnahme grundsätzlich infrage kommt oder ob es alternative Studienangebote gibt.
Internationale Entwicklungen
Auch weltweit schreitet die Entwicklung von Bexicaserin voran. Im Oktober 2025 wurde bekannt, dass der Wirkstoff in China von der dortigen Arzneimittelbehörde die sogenannte „Breakthrough Therapy Designation“ erhalten hat, eine Auszeichnung für Medikamente, die bei schweren Erkrankungen als besonders vielversprechend gelten. Zuvor hatte Lundbeck (nach der Übernahme von Longboard Pharmaceuticals) den Wirkstoff auch in den USA und Europa in das beschleunigte Entwicklungsprogramm aufgenommen. Diese Einstufungen bedeuten, dass die Zulassungsbehörden die klinische Entwicklung eng begleiten und Verfahren unter Umständen beschleunigt werden können, wenn die Wirksamkeit bestätigt wird.
Damit ist Bexicaserin mittlerweile ein international beachteter Kandidat in der Epilepsieforschung, insbesondere für seltene Syndrome wie Dravet, Lennox-Gastaut oder SCN2A-assoziierte Epilepsien.
Was passiert nach der Phase III?
Die laufende Phase-III-Studie ist die letzte große Prüfphase vor einem möglichen Zulassungsantrag. Wenn die Ergebnisse positiv ausfallen und Wirksamkeit sowie Sicherheit belegt sind, kann Lundbeck die Zulassung bei den Arzneimittelbehörden in Europa (EMA) und in den USA (FDA) beantragen. Erst nach erfolgreichem Abschluss dieser Prüfungen könnte Bexicaserin als Medikament auf den Markt kommen. Solche Verfahren dauern in der Regel mehrere Jahre, können bei Wirkstoffen mit Breakthrough-Status jedoch beschleunigt werden.
Was bedeutet das für betroffene Familien?
Auch wenn Bexicaserin noch nicht zugelassen ist, markiert der Start der Phase-III-Studie einen wichtigen Meilenstein. Die bisherigen Daten zeigen, dass der Wirkstoff vielversprechend wirkt und gut vertragen wird. Für Familien bedeutet das neue Hoffnung auf eine zusätzliche, gezielt entwickelte Behandlungsoption, die helfen könnte, Anfälle besser zu kontrollieren und gleichzeitig schonender für das Herz zu sein. Wer sich näher informieren möchte, kann sich an eines der genannten Studienzentren wenden.
Fazit
Bexicaserin ist einer der spannendsten neuen Wirkstoffkandidaten in der Behandlung seltener, therapieresistenter Epilepsien. Mit dem Start der Phase-III-Studie, der internationalen Anerkennung als Breakthrough Therapy und der Beteiligung deutscher Zentren ist ein wichtiger Schritt erreicht. Wir werden weiter berichten, sobald neue Ergebnisse oder Entwicklungen veröffentlicht werden.
Hier gelangt Ihr zum offiziellen Eintrag auf ClinicalTrials.gov.
Hier gelangt Uhr zur aktuellen Pressemitteilung von Lundbeck.

