Die heu­te 40-jäh­ri­ge Alex­an­dra hat­te ihren ers­ten Anfall mit neun Mona­ten. Bis zur Dia­gno­se Dra­vet-Syn­drom dau­er­te es aller­dings 24 Jah­re. Mama Anne­lie teilt Alex­an­dras Geschich­te.

Könnt Ihr uns etwas über Alex­an­dras ers­ten Anfall erzäh­len? Wie habt Ihr dar­auf reagiert?

Der ers­te Anfall mit Grand Mal Sta­tus ereig­ne­te sich, als Alex­an­dra neun Mona­te alt war, mit­ten in der Nacht. Da sie ab ihrem ach­ten Lebens­mo­nat nachts oft unru­hig und wach war, schlief sie häu­fig bei uns im Bett. In der Nacht vom 10. Juli 1984 bemerk­te Papa Gerd, dass Alex­an­dra auf der rech­ten Sei­te zuck­te, dann der gesam­te Kopf und plötz­lich der gan­ze Kör­per. Ich rief sofort unse­re Haus­ärz­tin an. Sie ver­ab­reich­te Alex­an­dra Dia­ze­pam und rief den Not­arzt. Alex­an­dra erhielt intra­ve­nös Rivo­tril und Lumi­nal, aber der Anfall konn­te nicht unter­bro­chen wer­den. Er dau­er­te ins­ge­samt 2 Stun­den, und sie wur­de sofort auf die Inten­siv­sta­ti­on gebracht.

Wie ging es dann wei­ter?

Von dem Zeit­punkt an kamen die Grand Mal Anfäl­le in regel­mä­ßi­gen Abstän­den, wir lan­de­ten immer auf der Inten­siv­sta­ti­on. Mit 13 Mona­ten hat­te Alex­an­dra einen Atem­still­stand im Ret­tungs­wa­gen. Mit der Haus­ärz­tin und zwei Not­ärz­ten wur­de sie dann mit dem Ret­tungs­hub­schrau­ber in die Kin­der­kli­nik Köln gebracht. Nach die­sem Vor­fall wur­de vom Not­arzt immer der Ret­tungs­hub­schrau­ber ange­for­dert. Spä­ter kamen noch myo­klo­ni­sche Anfäl­le, kom­plex-foka­le Anfäl­le, klo­nisch rechts­sei­ti­ge Anfäl­le sowie gene­ra­li­sier­te tonisch-klo­ni­sche Anfäl­le hin­zu.

Wie ver­lief die dia­gnos­ti­sche Rei­se bis zur Bestä­ti­gung, dass Alex­an­dra das Dra­vet-Syn­drom hat?

Im Jahr 1987 wur­de Alex­an­dra von der Kin­der­kli­nik Köln zur Uni-Kiel ver­legt, um Pro­fes­sor Doo­se zu sehen. Pro­fes­sor Doo­se frag­te uns, ob wir an sei­ner For­schung teil­neh­men möch­ten, und das war für uns selbst­ver­ständ­lich. Nach 23 Jah­ren For­schung erhiel­ten wir im Juni 2008 einen Anruf, dass Alex­an­dra das Dra­vet-Syn­drom hat.

Wie hat sich Euer Leben durch die Epi­lep­sie ver­än­dert?

Unser Leben hat sich nach dem ers­ten Grand Mal Anfall Sta­tus von Alex­an­dra sehr ver­än­dert. Ich war mit ihr die ers­ten Lebens­jah­re fast nur im Kran­ken­haus, nicht nur in Köln, son­dern spä­ter auch mehr­mals wochen­lang in Kiel. Das war natür­lich eine gro­ße Belas­tung für das häus­li­che Umfeld, beson­ders für unse­re älte­re Toch­ter Danie­la. Ein nor­ma­les Leben war zu dem Zeit­punkt nicht mehr mög­lich.

Wel­che Her­aus­for­de­run­gen stel­len sich im All­tag mit Alex­an­dras Dra­vet-Syn­drom?

Im Lau­fe der vie­len Jah­re sind vie­le Begleit­sym­pto­me dazu gekom­men. Die größ­te Her­aus­for­de­rung neben den Anfäl­len sind die psy­chi­schen Pro­ble­me und psy­chi­schen Stö­run­gen. Der psy­chi­sche und emo­tio­na­le Stress und der enor­me Druck waren zuletzt so groß, dass es ihr immer schlech­ter ging. Wir haben uns dann dazu ent­schlos­sen, dass sie nach 20 Jah­ren Behin­der­ten­werk­statt in Ren­te geht. Das war eine gute Ent­schei­dung. Alex­an­dra hat weni­ger Alb­träu­me und schläft ruhi­ger. Als Eltern lernt man mit der Zeit, mit den emo­tio­na­len Belas­tun­gen umzu­ge­hen.

Herz­li­chen Dank für das Inter­view.