Stoke Therapeutics und Biogen haben die endgültigen Ergebnisse der zweijährigen BUTTERFLY-Studie vorgelegt. Die Untersuchung liefert eines der bislang umfassendsten Bilder darüber, wie sich das Dravet-Syndrom unter heutiger Standardtherapie entwickelt. Begleitet wurden Kinder und Jugendliche im Alter von zwei bis achtzehn Jahren, die alle gängige Antiepileptika erhielten.
Stagnierende Entwicklung trotz Behandlung
Das Ergebnis fällt deutlich aus: Die neurologische und kognitive Entwicklung der Teilnehmenden blieb über den gesamten Zeitraum hinweg auf einem Niveau stehen, das etwa dem eines zweijährigen Kindes entspricht. Dieser Stillstand zeigte sich unabhängig davon, wie alt die Kinder beim Einstieg in die Studie waren. Während sie älter wurden, verbesserten sich ihre Fähigkeiten kaum, sodass die Lücke zu gleichaltrigen Kindern ohne Dravet-Syndrom von Jahr zu Jahr größer wurde. Besonders betroffen waren Bereiche wie Kommunikation, Motorik, Alltagsfähigkeiten und soziale Entwicklung. Der leitende Studienautor Joseph Sullivan von der University of California San Francisco erklärt dazu in der Pressemitteilung: „Die Verlaufsdaten bestätigen, dass die lebensverändernden Auswirkungen des Dravet-Syndroms weit über die Anfälle hinausgehen und trotz Behandlung mit den bestverfügbaren Medikamenten zu erheblichen Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit und Entwicklung der Patientinnen und Patienten führen.“
Genetische Hintergründe der Erkrankung
Die Studienergebnisse decken sich mit dem, was über die genetischen Grundlagen des Dravet-Syndroms bekannt ist. In den meisten Fällen liegt eine schwere Funktionsstörung des SCN1A-Gens vor, das eine wichtige Rolle für die elektrische Signalweiterleitung im Gehirn spielt. Die Störung beeinträchtigt die Funktion bestimmter Nervenzellen, was nicht nur epileptische Anfälle begünstigt, sondern auch die Strukturierung und Reifung neuronaler Netzwerke in der frühen Kindheit beeinflusst. Die BUTTERFLY-Daten machen deutlich, dass diese Entwicklungshemmungen trotz optimaler medikamentöser Versorgung fortbestehen.
Anfallssituation bleibt belastend
Auch die Anfallssituation blieb trotz intensiver Therapie eine Belastung. Die Zahl großer motorischer Anfälle, also schwerer Krampfanfälle, lag zu Beginn der Studie bei durchschnittlich 14,3 pro 28 Tagen und stieg im zweijährigen Verlauf der Studie um rund zehn Prozent an. Die heute verfügbaren Medikamente reduzierten die Anfälle zwar, konnten jedoch keine langfristige Verbesserung erreichen.
Konsequenzen für zukünftige Therapien
Die Daten unterstreichen die Grenzen der symptomorientierten Behandlung und rücken neue Therapieansätze in den Mittelpunkt, die direkt an der genetischen Ursache ansetzen sollen. Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang die laufende Phase-3-Studie EMPEROR, in der der Wirkstoff Zorevunersen untersucht wird. Da BUTTERFLY viele der gleichen diagnostischen und entwicklungsbezogenen Messinstrumente verwendete, die auch in EMPEROR zum Einsatz kommen, bietet sie eine wichtige Vergleichsbasis. Dadurch lässt sich künftig besser beurteilen, ob neue, krankheitsmodifizierende Therapien die Entwicklung tatsächlich positiv beeinflussen können.
Bedeutung für Dravet-Betroffene und ihre Familien
Für Familien, die mit dem Dravet-Syndrom leben, sind die BUTTERFLY-Ergebnisse sowohl ernüchternd als auch wegweisend. Sie machen deutlich, dass die Belastung trotz moderner Antiepileptika bestehen bleibt und wieso neue Behandlungsstrategien dringend benötigt werden. Gleichzeitig liefern sie eine wissenschaftliche Grundlage, auf der zukünftige Fortschritte messbar werden.
Update zur EMPEROR-Studie (Zorevunersen)
Fast zeitgleich mit der BUTTERFLY-Ergebnisse hat Stoke Therapeutics innerhalb eines Finanzupdates auch den Fortschritt der Phase-3-Studie EMPEROR geteilt. Bis Ende Oktober 2025 wurden bereits 20 Patientinnen und Patienten in den USA, Großbritannien und Japan randomisiert. Weitere 35 Teilnehmende befinden sich in der achtwöchigen Screening-Phase, die der Randomisierung zu Zorevunersen oder einer Scheinbehandlung vorausgeht. Das Unternehmen geht davon aus, dass die europäischen Studienzentren Anfang 2026 mit der Rekrutierung beginnen können und die Patientenaufnahme voraussichtlich Mitte 2026 abgeschlossen sein wird.
Hier geht es zur BUTTERFLY-Studie.


